Luppenau

....Einmal Geiseltal – Honkong und zurück
SAALE-ELSTER-AUEN-KURIER - Juni 2010
Autor: Ilja Bakkal

Haben Sie es auch bemerkt, die Mai-Ausgabe des Kuriers fühlte sich anders an. Dicker, irgendwie. Die eigentliche Freude kam beim Durchblättern und zunächst auch beim Lesen. Die Qualität der Bilder war durchweg optimal und der Fußballartikel hat mir gefallen. Der nächste Artikel gefiel mir überhaupt nicht und es war ja eigentlich auch keiner. Es handelte sich um den Text der Einladung für die Zeitensprünge-Ausstellung in Pfännerhall, die dem  Schkopauer Sekretariat des Bürgermeisters zugestellt worden war. Versehentlich wurde sie zum Druck gegeben. Und so könnte man fortfahren zu klagen, über 130 Fotos und ein Ölbild, die verlassen in der großen Maschinenhalle der ehemaligen Zentralwerkstatt hängen oder treffender gelangweilt abhängen; und eben nicht, wie sie sollten, Gruß und Botschaft von Luppenau an den Geiseltalsee tragen. Gelegentlich trifft man 2 bis 3 Besucher aus Halle, Merseburg oder Luppenau (!). Die eigentliche Zielgruppe ist verpasst. 

Ja, wäre da nicht eine Episode am Rande, die den Blick wieder heraus lenkt, aus diesem Geiseltal, in die weite Welt und zurückkehrt nach Luppenau.
So mancher wird sich an den jungen Mann auf der Abbildung erinnern, der aus Honkong stammend, 2005/06 insgesamt ein Jahr in Deutschland und davon 7 Monate in Löpitz bei der Familie Woitke verbracht hat. Hier besuchte er das Herder-Gymnasium und genoss das Leben, den Jugendklub und war schwarz-rot-gelb geschminkt zur Fußball-WM.
Wegen guter  Leistungen hatte er ein Stipendium von einer amerikanischen Jugend-und- Studenten-Austausch-Organisation erhalten. Die schöne Zeit ging vorbei und Kim zurück nach Hause. Aber wir wussten immer, was mit ihm passiert. Und dann gibt es ja dieses Bild, wie er sich in einem christlichen Wunder übend, über das Wasser des Wallendorfer Sees läuft. Als wir (Ich bedanke mich bei der Feuerwehr und dem Förderverein.) anfingen, die Fotos aus unserem Schloss herauszutragen, lief er mir über den Weg – Europabesuch.

Während Vernissage fiel eine Gruppe innerhalb der der gut 90 Gäste auf: Der Jugendklub Luppenau und mittendrin Kim. Ich habe mich sehr gefreut, Kurt Güttel auch. Plötzlich war es ganz leicht zu erklären, was der Betrachter der Ausstellung ohnehin irgendwann begreift: Luppenau ist schon etwas Besonderes.
Am 27. Mai beging Kim seinen 23. Geburtstag. Anlass, ihm eine CD mit Austellungs-Luppenau-und-Kim-Bildern zu überreichen und die Frage zu stellen: Kim, wie geht es Dir, was machst Du so und wie geht es weiter? Nach der Heimkehr absolvierte er das 13.Schuljahr und beendete es mit dem Abitur. Es folgte ein Studium der Textiltechnologie (Bachelor). Er weiß alles über Fasern, Fäden, Stoffe, Reisverschlüsse usw. Ein Semester verbrachte er in Indien. Die weitere Kariere ist ungewiss. Das betrifft das Fachliche und den Ort. Es könnte Forschung über Wollfasern, ein Masterstudium, oder Arbeit sein.

Europa wäre schön, Deutschland und was die Produktion betrifft, China. Eine weitere Frage kann ich mir nicht verkneifen: Freundin? Ja, eine Textildesignerin (Gudrun Woitke strahlt, hat wohl ein Bild gesehen.) „…aber da muss ich noch baggern.“ Frage wiederholt, die gleiche Antwort noch einmal. Kim, ich staune über Deine Sprachkompetenz, wie viele Sprachen sprichst Du eigentlich? Cantonisisch, Mandarin, Englisch, Spanisch, Deutsch, Hindi.
Morgen geht es auf die Heimreise, mit Umwegen, Freunde besuchen: Weimar, Düsseldorf, Paris, Lion, Lemmer, Amsterdam, Den Haag, Berlin, Dresden, München und über Peking nach Honkong.
In drei Jahren sehen wir uns wieder, verspricht er und ich weiß jetzt, wie ein junger Kosmopolit aussieht, und so einer besucht auch Ausstellungen, im Gegensatz zu Geiseltalbewohnern. Jetzt fühle ich mich besser,

I.Bakkal