Luppenau

Gedanken zu einem Bild oder der Scheingrüne Phenolbeißer

SAALE-ELSTER-AUEN-KURIER - April 2011
Autor: Ilja Bakkal

Eine vielfüßige Plattform scheint am Südufer des Wallendorfer Sees gestrandet zu sein. Die Wellen überspielen die Bohlen. Seit Wochen sinkt sie tiefer, millimeterweise. Vom Burgliebnauer Ufer hört man das Brummen einer dieselgetriebenen Pumpe, die zwei elektrische unterstützt. Östlich rauscht der Überlauf des Raßnitzer Sees wie ein gut gelaunter Gebirgsbach. Patt ...


Foto: i.B.

Um den dort befindlichen Pegel aufzusuchen, müsste man einen Tauchgang riskieren. Dafür ist es zu kalt, im März 2011.

Am Lössener Ufer, wo das Wasser seinem natürlichen Gefälle folgen sollte (Dr. Albrecht), passiert nichts.

Man muss keiner Partei oder Organisation angehören, die Umweltschutz und Energiepolitik auf ihre Fahnen geschrieben hat, um an dieser seit Jahren bestehenden Situation zu verzweifeln. Vermutlich hilft die Zugehörigkeit sogar, sich in dem Konglomerat aus phenolhaltigem Schlamm, schützenswertem Bitterling, gescheiterter Genehmigungsbürokratie und Ressortdenken behaupten zu können.


Foto: I.B.

Der Steuerzahler sollte, allein bei Hochrechnung der Energiekosten über Jahre, eine, oder besser, die vernünftige Lösung einfordern. Man stelle sich vor, wie nutzbringend freiwerdende Mittel für die Natur eingesetzt werden könnten. In der aktuellen Diskussion um das Hochwasser, speziell das Grundwasser, können wir davon ausgehen, dass hierzulande die Gunst des natürlichen Gefälles auf unserer Seite ist. Eine Fahrt auf den Wasserstraßen der Niederlande veranschaulicht, welche infrastrukturellen Probleme anderenfalls zu lösen wären.


Foto: i.B.

Der Wasserstand des Wallendorfer Sees ist nach der Beendigung des Tagebaus das einzige verbliebene künstliche Regulativ für das Grundwasser in unserer Region.

Deshalb müssen jetzt unverzüglich Maßnahmen eingeleitet werden, die schnell, effektiv und zudem langfristig kostenneutral wirken. Wenn der geflutete Leipziger Auenwald in kürzester Zeit unbürokratisch auch über die Luppe abfließen konnte, drängt sich die Vollendung des Ablaufes bei Lössen, ggf. mit einem Sperrwerk gegen rückstauendes Saalehochwasser, für unseren See auf.

Eine weitere Verschleppung würde nicht nur ökonomischen und ökologischen Schaden konservieren, sondern auch Wasser auf die Mühlen zunehmender Politikverdrossenheit gießen.

Irgendwann findet jemand den an das Luppe-Biotop besonders angepassten "Scheingrünen Phenolbeißer", ein ca. 3 cm großes Schlammmonster, welches mit seinen mehrreihig angeordneten Mikrozähnen Phenolringe aufzuspalten vermag, sich wegen der Glitschigkeit seines Körpers niemals fangen lässt und zweifellos als nützlich und schützenswert eingestuft wird, was jede weitere Beeinflussung seines Ausbreitungsgebietes über historische Zeiträume unmöglich macht.

Dann wird gepumpt und gleichzeitig in subventionierte erneuerbare Energien investiert. Der Phenolbeißer ist lediglich eine Metapher, die gleichfarbige Energiepolitik traurige Realität.

I. Bakkal